Die Zeit ist reif für ein eigenes SPECTRUM-Rechenzentrum
Server sind am besten in Rechenzentren untergebracht
Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde im IT-Markt auf höchster Ebene über die Möglichkeit des sogenannten Application Service Providings (ASP) philosophiert. Viele ehemalige RZ-Betreiber sprangen schnell auf diesen Zug, da sie meinten, so ihr Dinosauriergeschäft überlebensfähig darstellen zu können. Von manchen wurden schon „Back to the Roots“-Gesänge angestimmt. Der Vorteil von ASP-Diensten wurde damit begründet, dass Software zunehmend zu einer Commodity werde (engl.: commodity service = Allerweltsprodukt, wie ein Geldautomat, Schuhputzautomat, Autowaschanlage, Leergutannahmeautomat usw.) und daher ähnlich wie Strom aus der Steckdose bezogen werden könne – so damals die Slogans einiger ASP-Propheten. ASP würde es kleinen und mittleren Unternehmen sowie Privaten erlauben, Applikationen einzusetzen, die ihnen sonst wegen fehlender Personal- und Finanzressourcen nicht zugänglich wären. Unter dem Begriff „ASP“ wurden Geschäftsmodelle diskutiert, bei denen Software nicht auf Dauer überlassen oder gekauft wird, sondern online und on demand, über „Pay per Use“ oder „Software as a Service“ (SaaS) für die zeitweilige, bedarfsgerechte Nutzung bezogen werden kann. Viele dieser Darstellungen tun aber so, als ob durch ASP die betriebswirtschaftlichen Kalkulationen außer Kraft gesetzt würden und der Anwender durch ASP in ein IT-Schlaraffenland käme.
Hintergrund: Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren hatten verschiedene Unternehmen zentrale Rechenzentren (meistens IBM 360/370-Systeme) betrieben und über Kommunikationseinrichtungen und Terminals überregional spezielle Programmanwendungen (Applikationen) zur Verfügung gestellt (provided). Bekannte Lösungen dieser Rechenzentrums-Terminal-Technik sind zum Beispiel:
- das bekannte Lufthansa-Ticket-Reservierungssystem, über das jedes Reisebüro Buchungen vornehmen konnte

- das sehr bekannte „Start“-System, ein Reiseinformations- und -buchungssystem der Deutschen Bahn Reise & Touristik AG und der Start-Amadeus GmbH, das seit Jahren in fast jedem Reisebüro zu finden ist (www.amadeus.com)

- Taylorix: 1965 Gründung eines eigenen Rechenzentrums mit dem Angebot für externe Finanzbuchhaltung und Lohnanwendungen über Terminals; Taylorix gewann sehr viele gewerbliche Anwender für die „EDV außer Haus“-Lösung und war bis 1995 das größte private Dienstleistungsrechenzentrum der BRD (wurde später von ADP übernommen)

- die englische GEC mit einem ähnlichen Angebot wie Taylorix, das von vielen englischsprachigen Unternehmen weltweit genutzt wurde; über Terminals (zunächst Teletype-Fernschreiber) wurden Fibu-Daten nach einem festen Schema erfasst (abgelocht)

- der Zusammenschluss vieler Gemeinden und Städte zu kommunalen Gebietsrechenzentren für Aufgaben der Einwohnermeldeamts-, Sozialamts-, Standesamts-, Ordnungsamts-, Straßenverkehrsamts- und Haushaltsverwaltung bis zum Wahl-RZ bei Kommunal-, Landes- und Bundestagswahlen

- der Zusammenschluss niedergelassener Ärzte zu Rechenzentren der Privatärztlichen Verrechnungsstellen (PVS) oder der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen)

- die seit über 50 Jahren bestehende US-Firma Automatic Data Processing Inc. (ADP; www.adp.com), die weltweit Rechenzentren betreibt, über die circa 30 Millionen Menschen weltweit ihre monatliche Lohn- und Gehaltsabrechnung aus einem ADP-Rechenzentrum bekommen

- das in Deutschland bekannte DATEV- Modell: Am 14. Februar 1966 schließen sich 65 Steuerbevollmächtigte aus dem Kammerbezirk Nürnberg zusammen, um zur Bewältigung der Buchführungsaufgaben mithilfe der EDV eine genossenschaftlich organisierte Selbsthilfeorganisation aufzubauen – zunächst als Lochstreifenverarbeitung in einem externen und seit dem 31. Januar 1969 in einem eigenen Rechenzentrum.

Diese RZ-basierten Services zeichneten sich durch ihre Stapelverarbeitungen (Batch Processing) aus, zum Beispiel dadurch, dass es alle vier Stunden einen Lohnlauf gab oder nachts eine Fibu-Verarbeitung lief. Mit dem Aufkommen der Personal Computer (am 12. August 1981 von IBM in New York vorgestellt) änderte sich dann aber die Computerwelt: Downsizing und Distributed Data Processing – also die Verlagerung und Verteilung der Computerleistung vom zentralen Rechenzentrum an jeden Benutzerarbeitsplatz oder auf das Kundennetzwerk – waren die Markttrends der 80er- und 90er-Jahre. Selbst klassische Rechenzentrumsanbieter brachten ihre neueren Software-Anwendungen nur noch in PC- beziehungsweise PC-Netzwerkversionen auf den Markt. Professionelle kommerzielle Software gibt es daher heute fast nur noch in Windows-Versionen. Ende der 90er-Jahre kam ergänzend die offene Kommunikationsmöglichkeit über das Internet hinzu.
Ende 1999/Anfang 2000 überschlugen sich plötzlich im IT-Markt die ASP-Meldungen:
Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff „ASP“ erstmalig Ende 1999 erwähnt – im IT-Brancheninformationsdienst www.heise.de findet man einen ersten Bericht von der US-Messe „Internet World“: „Oracle startet offiziell sein ASP-Projekt Oracle-Business-Online, mit dem die Firma die weltweite Nummer eins unter den Application Service Providern werden möchte.“ Der nächste Heise-Bericht stammt von Februar 2000: „Europas führendes Softwarehaus, die SAP AG will künftig seine Programme auch als Komplettdienstleistung zur Miete über das Internet anbieten“.
Im Zuge der Interneteuphorie und des Neue-Markt-Booms nach dem Jahrtausendwechsel wurde immer häufiger über ASP-Techniken berichtet, in den USA gründete sich ein „ASP Industry Consortium“, in Deutschland das „Deutsche ASP-Konsortium“ – all diese Organisationen wurden aber nach kurzer Zeit wieder wegen Erfolglosigkeit aufgelöst. Ein Indiz für die damaligen ASP-Turbulenzen ist eine Auswertung im Heise-Branchenticker: 1998 gab es keinen einzigen Bericht zu ASP, 1999 dann die ersten drei ASP-Berichte, im Jahr 2000 – gerade grassierte die weltweite Internet-Überschätzungseuphorie – gab es 28 ASP-Berichte, im Jahr 2001 noch neun ASP-Berichte und im Jahr 2002 noch einen einzigen ASP-Bericht.
Im Zuge der DATEV-Freigabe für die WTS-Technik im Jahr 2002 beschäftigte sich auch die DATEV mit einem DATEV-ASP-Konzept. SPECTRUM sah hierin zunächst keine sinnvollen Aspekte und packte das DATEV-ASP-Angebot in die Schublade: „Das wird ein weiterer DATEV-Flop.“
Die Überlegung: Aufgrund der Windows-basierten Programmstruktur der DATEV-Anwendungen brauchte man bei einer RZ-basierten ASP-Lösung weiterhin File-, Kommunikations- und WTS-Server – wie bei einer Vor-Ort-Lösung. Man braucht auch eine DATEV-DFÜ (damals noch eine ISDN-Karte, die für den RZ-Betrieb eigentlich nicht brauchbar war), man brauchte hier und da Windows- und MS-Office-Lizenzen, in beiden Fällen brauchte man die nutzerabhängigen Überlassungsvergütungen für die DATEV-Anwendersoftware. Man brauchte hier und dort eine Datensicherungstechnik und IT-Spezialisten, die per Fernwartung die Server administrieren, denn auch beim RZ-ASP-Betrieb sitzt ja kein ITler direkt vor den Servern im RZ. Man hat in beiden Fällen Service-Management-Tools zur Serverüberwachung und eine automatische Störungsmeldung. Man brauchte hier wie da eine Anwender-Hotline, einen Helpdesk, einen Programm-Update-Service. Und man braucht auch in beiden Lösungen immer teurer werdenden Strom für das IT-Equipment.
Ein weiterer Punkt: Richtige RZ-basierte Applikationen wie die von Google, Amazon und eBay können RZ-basiert sinnvoll sein. Nur: Das waren nun mal keine Windows-basierten Programme, sondern es handelte sich um eine extra für diese kommerziellen Internetanwendungen erstellte HTML-Dialogsoftware mit weltweit vernetzten Spezialservern. SPECTRUM glaubte außerdem nicht, dass jemand in Deutschland zwei Produktlinien an Steuerberatersoftware parallel entwickeln kann, eine für lokale Windows-Netzanwendung und eine für eine richtig gehostete Web-Anwendung – auch die DATEV nicht. SPECTRUM belächelte daher zunächst die teuren ASP-Angebote der DATEV – auch wenn man diese Offerten als Angriff der DATEV auf das Systempartner-Kerngeschäft betrachtete. Ähnlich wie SPECTRUM dachten damals wohl die meisten Systempartner.
Doch 2005 änderte SPECTRUM hier die Meinung: Aufgrund von Marktanalysen erkannte man, dass der Steuerberater die EDV lediglich nutzen, sie aber nicht besitzen und administrieren will.
Wie beim Auto möchte er einfach nur Nutzer sein und sich nicht um Ölwechsel, Luftdruck, Reparatur, Ersatzteilbeschaffung kümmern. Vor allem möchte er aus dieser ständigen Investitions- und Nachinvestitionsmaschinerie heraus: Da muss ein neuer Server angeschafft werden, weil ein Betriebssystem nicht mehr supportet wird, da müssen RAM und dort Platten aufgerüstet werden, dann werden die Prozessoren zu langsam, dann muss er da zig Tausende auf den Tisch legen für Software-Lizenzen – und vor allem: Alle paar Tage kann er mit der EDV nicht arbeiten, weil aufwendige Update-Maßnahmen notwendig werden.
Weiterhin wünschten Kanzleien immer häufiger die Ankopplung von Home-PCs, Unterwegs-Notebooks, Niederlassungen und Smartphones. Hierfür reichten aber die lokalen, bezahlbaren DSL-Anschlüsse nicht mehr aus, da ja durch die geringe Upload-Rate eines Kanzlei-DSL-Anschlusses und die Zugriffsrate der Home-PCs bestimmte und erhebliche Router- und Firewall-Techniken pro Kanzlei notwendig waren, um hier sichere Einwahlmöglichkeiten zu schaffen. Die Hardware-Preise sind langfristig konstant – aber die zunehmenden Administrations- und Dienstleistungsarbeiten – und alle damit verbundenen Infrastrukturkosten – steigen kontinuierlich. Dieser Dienstleistungskostenspirale und zentralisierten Managed-Service kann man nur durch zentrale – das heißt RZ-basierte – Strukturen entgegentreten, denn nur bei zentraler Serververwaltung ist es möglich, Rationalisierungsverfahren zu entwickeln, um dieser Kostenexplosion Herr zu werden.

Ungefähr zwei Mannjahre Entwicklungsaufwand und rund 200.000 Euro Grundinvestment waren notwendig, bis man an die Realisierung eines ersten ASP-Projekts denken konnte. Am 1. Juli 2006 ging dann das erste SPECTRUM-ASP-System on air – bei einer Steuerberaterin in Haan.
Eine wichtige Frage musste zuvor geklärt werden: Baut man so ein Rechenzentrum in eigenen Räumlichkeiten oder wird man Untermieter in einem großen Rechenzentrum und nutzt die Infrastruktur gemeinsam mit anderen? Es war klar, dass wir uns mit deutschen Hochsicherheitsrechenzentren vergleichen müssen und auch der Wettbewerb mit der DATEV war klar voraussehbar. Schnell fiel dann die Entscheidung, dass wir in ein Colocation-Rechenzentrum gehen werden, wo wir auf vorhandenes Know-how und eine vorhandene Infrastruktur aufsetzen können. Wir entschieden uns für den größten RZ-Betreiber in Düsseldorf, in dem auch Banken, Sparkassen, Versicherungen, Telefon-Provider, Großunternehmen und verschiedene ISPs ihre Server untergebracht haben: für die 1999 gegründete Firma myLoc managed IT AG.
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