SPECTRUM „erfindet“ den „externen Kanzlei-EDV- Administrator“
Outsourcing wird ein neues Geschäftsfeld
Die Geburt des Dienstleistungsgeschäfts für Steuerberater
Ein Steuerberater aus Wuppertal hatte sich auf seinem PC die DATEV-Installation „zerschossen“, weil er die Disketten nicht in der richtigen Reihenfolge, wie sie auf den kleinen Beipackzetteln aufgeführt war, installiert hatte. Das regte ihn fürchterlich auf, weil diese ständige und mühselige Disketteninstallationstätigkeit ihn vom effizienten Arbeiten als Steuerberater abhielt. Er fragte bei SPECTRUM an, ob man nicht generell die Programm-Updates in der Kanzlei durchführen könnte. Und schon war eine neue Geschäftsidee geboren: die Outsourcing-Dienstleistung von SPECTRUM!
Zu pauschalierten monatlichen Kosten führten fortan SPECTRUM-Mitarbeiter in unzähligen Kanzleien eine monatliche Vor-Ort-Betreuung der Kanzlei-EDV durch – mit dem kompletten Update-Management, mit Überprüfung des Fileservers, Virenprüfung, Streamer-Funktionsüberprüfung, Überprüfung der Festplatten auf Fehler, Löschen von nicht mehr benötigten TEMP- und Altdatenbeständen, Installation aller notwendigen DATEV-Programm-Updates, Installation der Microsoft-Updates, Hilfe bei der generellen Programmhandhabung, Einstellung der Drucker, Erstellung von Excel-Makros, Änderung von WinWord-Briefköpfen etc. – das heißt, die Aufgaben eines sogenannten „externen Kanzlei-EDV-Administrators“ wurden übernommen. Bereits Ende 1997 nutzten über 200 Kanzleien diesen neuen SPECTRUM-Service.
Da die DATEV damals gerade dabei war, ein neues „DATEV-System-Partnerplus“- Konzept zu entwickeln, dafür krampfhaft nach „Plus“-Features suchte und von diesem erfolgreichen SPECTRUM-Outsourcing-Geschäftsmodell erfuhr, bat man SPECTRUM um die Zusendung der Outsourcing-Vertragsunterlagen – und siehe da: Als die DATEV 1998 den Vorhang zum neuen „DATEV-System-Partnerplus“- Konzept lüftete, verlangte die DATEV plötzlich im neuen „DATEV System- Partnerplus“-Vertrag exakt eine solche Dienstleistung von allen Plus-Systempartnern für die Genossenschaftsmitglieder und hatte hierfür einfach per Copy-and-paste – übrigens inklusive aller Komma- und Rechtschreibfehler – den SPECTRUM-Vertrag hineinkopiert. Und wir in Hilden fragten uns, ob die DATEV das Wort „Partnerschaft“ wohl richtig interpretiert.
Die Z.E.U.S.-Gruppe lernt, was die DATEV unter fairer Partnerschaft versteht
Die Z.E.U.S.-Gruppe traf sich damals, um gemeinsam bundesweite Marketingstrategien zu entwickeln, um rund um den Kernmarkt „Steuerberater“ weitere Marktbereiche zu erschließen. Als einer der ersten Punkte wurde der Rechtsanwaltsmarkt definiert, denn dieser war dem Steuerberatermarkt sehr ähnlich. Die DATEV selbst wollte und durfte in diesem Bereich aus genossenschaftsrechtlichen Gründen keine Lösungen anbieten und im bundesweiten Rechtsanwaltsmarkt gab es keine vernünftige bundesweite Service- und Supportstruktur, wie Z.E.U.S. sie bieten konnte.
Schnell war das passende Produkt gefunden: Die kleine, auf DOS-basierte Rechtsanwaltslösungen spezialisierte Software-Entwicklerfirma Rummel AG in Lauf a. d. Pegnitz stand kurz vor der Vollendung einer neuen, leistungsfähigen Kanzleilösung auf Windows-Basis für Rechtsanwälte: WinMACS. Die Z.E.U.S.-Gruppe wurde sich schnell mit der Rummel AG handelseinig und erhielt für dieses neue Produkt die Exklusivrechte für den bundesweiten Vertrieb und Support.
Z.E.U.S. stellte eine Geschäftsführerin und Rechtsanwaltsfachangestellte für den Support in diesem Bereich ein. Bundesweit konnten schnell einige Pilotkunden gefunden werden, bei denen man diese neue Z.E.U.S.-RA-Software installieren konnte. Überregional wurden Roadshows zur Vorführung der Software durchgeführt und die Vertriebsmitarbeiter der Z.E.U.S.-Partner wurden geschult, um in diesem Marktsegment zusätzlich aktiv zu werden.
Auch die DATEV als Partner wurde natürlich kontinuierlich über dieses Geschäftsmodell und alle Schritte auf dem Laufenden gehalten. Schon ab Herbst 1996 – also direkt mit Z.E.U.S.-Gründung – wurde die DATEV-Geschäftsleitung minutiös über jeden Schritt der Z.E.U.S.-Gruppe auf dem Rechtsanwaltssektor informiert. Als im Dezember 1996 der DATEV-Vorstandsvorsitzende in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in einem Interview nebenbei erwähnte, dass die DATEV zukünftig auch Software für den Rechtsanwaltsmarkt anbieten werde, wurden die dadurch aufgeschreckten Z.E.U.S.ler auf Nachfrage schnell beruhigt: Eckhard Schwarzer (damals Assistent des Vertriebsvorstands Siegbert Rudolph) erklärte auf einem Z.E.U.S.-Treffen, dass die DATEV als berufsständische Organisation für Steuerberater keine eigene Rechtsanwalts-Branchensoftware anbieten würde, dass stände definitiv fest – und das FAZ-Interview müsste lediglich dahingehend verstanden werden, dass die DATEV Schnittstellen zu ein paar marktgängigen Rechtsanwalts-Software-Produkten anbieten und außerdem Teile der Rechtsanwaltsgebührenordnung BRAGO in das DATEV-Honorarberechnungsprogramm KORG (beschränkt auf die Teile für die Finanzgerichtsabrechnung) integrieren würde. Die DATEV befürwortete sogar ausdrücklich während mehrerer Meetings diese Z.E.U.S.-Entwicklung und versprach eine enge Zusammenarbeit. Man verabredete sogar, dass man sofort Schnittstellen einerseits zwischen WinMACS und DATEV-Kanzlei-Rechnungswesen und andererseits für die Kollisionsprüfung zur ZMSD entwickeln wollte. Die WinMACS- und die DATEV-Entwickler trafen sich Anfang 1998 fortan mehrmals, um diese Schnittstellen abzustimmen, denn die Windows-Versionen von Win-ZMSD und Win-Rewe waren damals bei der DATEV noch im Entwicklungsstadium.
Dann geschah plötzlich das Unfassbare: Am 13. Mai 1997 abends um circa 21:00 Uhr erhielt Ulrich Giesen (in Personalunion auch Z.E.U.S.-Geschäftsführer) einen Anruf von Eckhard Schwarzer, der berichtete, dass die DATEV die Z.E.U.S.-Aktivitäten im Rechtsanwaltsmarkt wohl zum Anlass genommen hätte, erneut über eigene Aktivitäten in diesem Bereich nachzudenken und dass die DATEV nun beschlossen hätte, mit eigenen DATEV-Produkten ein Geschäft im Rechtsanwaltsmarkt aufzubauen.
Die Z.E.U.S.ler verstanden die Welt nicht mehr. Man kontaktierte den DATEV-Vorstand und wurde von diesem zu einem klärenden Gespräch nach Nürnberg eingeladen. Bei diesem Gespräch erklärte Dieter Kempf, Vorstandsvorsitzender der DATEV, dass die DATEV kein Problem damit hätte, wenn die „Systempartner für DATEV-Anwendungen“, die der Z.E.U.S.-Gruppe angehören, mit einer eigenen Rechtsanwaltslösung – unabhängig von der geplanten DATEV-Rechtsanwaltsstrategie – weiterhin in diesem Markt aktiv wären: Die DATEV könne den Systempartnern doch keine Vorschriften machen und die Kunden würden dann die Entscheidungsfreiheit haben, welche Softwarelösung sie einsetzen möchten. „Der Markt wird es schon richten“, führte Herr Kempf aus.
Die DATEV kaufte dann das Hamburger Softwarehaus MCT GmbH, von einem Volker Andreae, einer schillernden Persönlichkeit in diesem Markt, und damit die Rechtsanwalts-Software „Phantasy“. Volker Andreae hatte zunächst einen Entwicklungsauftrag der Hans-Soldan-Stiftung für die Programmierung der Rechtsanwaltssoftware „Pharao“ erhalten, in Wahrheit aber „Phantasy“ entwickelt, das er dann als stabiles und lauffähiges Produkt der DATEV verkaufte – und die DATEV durfte dann noch mehrere Mannjahre Nachentwicklung investieren, bis das Programm halbwegs stabil war und lief.
Die Z.E.U.S.ler erkannten dann aber sehr schnell, was Herr Kempf und die DATEV unter „Der Markt wird es schon richten.“ verstanden: Man setzte den „Systempartnern für DATEV-Anwendungen“ der Z.E.U.S.-Gruppe einfach die Pistole auf die Brust: Wenn die Z.E.U.S.ler nicht umgehend ihre eigenen Aktivitäten im Rechtsanwaltsmarkt beenden würden, würde die DATEV alle Systempartnerverträge kündigen. Die Z.E.U.S.ler machten eine dicke Faust in der Tasche, schrieben ihre Investitionen ab und reihten sich wieder brav bei den normalen Systempartnern ein, denn man glaubte damals noch an ein Partnerkonzept mit der DATEV …
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