Beginn der Umstellung auf die Windows-Software der DATEV
Kanzleisoftware musste „jahrtausendfest“ gemacht werden
Im Frühjahr 1998 führte SPECTRUM zusammen mit Entwicklern aus Nürnberg die ersten Live-Installationen der neuen DATEV-WIN32-Software durch, die bis zum Jahrtausendende bei allen DATEV-Anwendern die bis dato genutzten DOS-Programme komplett ablösen sollte. Die alte DOS-Software der DATEV war nicht „jahrtausendfest“.
Streit mit der DATEV-Entwicklung über die Cloning-Technik
Aber dann kam es zunächst mit den DATEV-Entwicklern zum Eklat: Auf einem Erfahrungsaustausch-Meeting in Nürnberg im April 1998 für diese neuen WIN32-DVSW-Anwendungen erklärte die DATEV, dass die bewährte Cloning-Technik, also das komplette Kopieren einer Master-PC-Installation auf andere PCs, nicht mehr gestattet sei. Schon zu DOS-Zeiten und auch für Windows 95 hatte SPECTRUM mit den Z.E.U.S.-Partnern effiziente Methoden entwickelt, um einheitliche, fehlerminimierte, zeitsparende DATEV-Installationen durchzuführen, das Cloning von PCs. Diese effiziente und kostengünstige Installationstechnik wurde nun von der DATEV für die neuen DATEV-WIN32-Programme kategorisch verboten – obwohl SPECTRUM und weitere Z.E.U.S.-Kollegen die Cloning-Technik auch schon bei den neuen DATEV-WIN32-Programmen erfolgreich getestet hatten. Die DATEV lehnte kategorisch die Funktionsgewährleistung für geclonte Installationen ab – obwohl man die von einer händischen Installation nicht unterscheiden konnte. Jetzt gab es zwar Systempartner am Markt, die meinten, dass sei doch nicht schlimm, dann würden die Installationen eben länger dauern und man könnte mehr Arbeitsstunden an die Kanzleien berechnen. SPECTRUM betreute damals aber schon über 400 Kanzleien und hätte mit händischer Programminstallation die Arbeit bis zum 31. Dezember 1999 gar nicht geschafft – wo dann ja bei der alten DATEV-DOS-Software angeblich das Jahrtausendproblem (Explosion?) zutage kommen sollte.
Im April und im Mai 1998 veranstaltete SPECTRUM noch in Wuppertal, Neuss und Köln Informationsveranstaltungen zum Thema „INSTALL 98 und Umrüstung auf die neuen 32-Bit-DVSW-Anwendungen der DATEV“, an denen circa 350 Kunden teilnahmen. Auf regionalen Arbeitskreisveranstaltungen (zum Beispiel für den Steuerberater-Verband) erhielten weitere etwa 200 Steuerberater „ungeschminkte“ Informationen, um sich auf die Umstellung auf die DATEV-Windows-Programme einstellen zu können.
Hierbei überließ SPECTRUM den Kunden die Entscheidung, ob sie die Installation nach der erprobten, effektiven Cloning-Installationstechnik oder nach der nun von der DATEV geforderten händischen Installationstechnik realisiert haben möchten. Alle Kunden entschieden sich natürlich für die günstigere Cloning-Technik, vertrauten auf das SPECTRUM-Know-how und negierten den ausgesprochen Entzug der Funktionsgarantie durch die DATEV.
Als SPECTRUM im Herbst 1998 schon über 1.000 DATEV-PCs mithilfe der Cloning-Technik installiert hatte, brachte die DATEV ein Cloning-ähnliches Installationsverfahren – Quick-Install genannt – auf den Markt, um auch den anderen Systempartnern eine schnellere Installationstechnik zu ermöglichen, da die DATEV erkannt hatte, dass diese die Umstellung sonst bis zum Jahrtausendwechsel nicht schaffen würden.
Der Clou: Auf dem DATEV-Kongress im Herbst 1998 wurde SPECTRUM ausgezeichnet und erhielt den ersten Preis, weil das Unternehmen bundesweit bereits die meisten Kanzleien auf die neue DATEV-Windows-Software-Generation umgestellt hatte. Die SPECTRUM-Techniker erhielten von der DATEV einen Scheck über 15.000 DM und lösten diesen bei einem Reisebüro ein.
Ulrich Giesen im Gespräch mit dem
damaligen Düsseldorfer Regionalleiter
der DATEV, Ulrich Moussee, der die
Strategie aus Nürnberg mit dem Cloning-
Verbot auch nicht verstand.
Auf dem DATEV-Kongress im Herbst 1998
in Nürnberg erhielt SPECTRUM-Geschäftsführer
Ulrich Giesen den ersten Preis für die bis
dato meisten auf DATEV WIN32 umgestellten
Kanzleien.
Mit NSM macht die DATEV den Systempartnern Konkurrenz
Ende 1998 kam es zu einem weiteren Disput zwischen der DATEV und der gesamten Systempartnerschaft. Der Anlass: NSM – das Netz- und System-Management-Angebot der DATEV. Der Systempartner sollte nach exakten technischen Detailvorgaben der DATEV die PCs und die Server aufstellen und fortan wollte die DATEV mit Fernwartungstools die Systeme überwachen, updaten und das technische Troubleshooting allein abwickeln. Die Arbeitsteilung von Software-Entwicklung bei der DATEV und Vor-Ort-Betreuung durch mittelständische IT-Betriebe wurde damals erstmalig durch den einseitigen Versuch der Geschäftsausweitung durch die DATEV aufgekündigt. Auf dem DATEV-Kongress im September 1998 fand schließlich ein Gespräch zwischen dem DATEV-Vorstand und den Systempartnern statt – aber ein Konsens konnte nicht gefunden werden. Je nach Großwetterlage zog die DATEV die für sie passenden Argumente aus dem Zylinder für diesen Frontalangriff auf das Systempartner-Geschäft: Mal würden angeblich die Genossen das NSM-Angebot von der DATEV fordern – mal würde die DATEV mit ihrem NSM- Angebot nur den Attacken von IBM, SNI, T-Systems oder HP zuvorkommen, die angeblich zum Halali auf den Kanzleimarkt geblasen hätten. Der DATEV-Außendienst hatte seine Verkaufsquote aus Nürnberg und ein neues Schlagwort machte überall die Runde: TCO – Total Cost of Ownership. Täglich gab es „Aufklärungen“ bei den bis dato noch gemeinsam betreuten Kunden, sie bräuchten doch nur günstige Maxdata-Server über z. B. irgendeinen Maxdata-Großhändler erwerben, hätten dann drei Jahre Gewährleistung und bräuchten als kanzleispezifische Betreuung nur noch DATEV NSM – lokale Systempartner oder etwas Ähnliches bräuchte man eigentlich nicht mehr. So zum Teil der O-Ton mancher Mitarbeiter des „Partners“ DATEV.
Um sich zu wehren, veranstaltete SPECTRUM trotz des Stresses wegen der Windows-Umrüstung zum Jahrtausendende mehrere Hotelveranstaltungen für Steuerberater unter dem Motto: „Babylonische Sprachverwirrung – was ist der Unterschied von DATEV NSM für 1.070 DM pro Monat und dem Outsourcing-Angebot von SPECTRUM von 290 DM pro Monat für ein 10-Platz-Netzwerk?“ Das Einzige, was die Systempartner damals tröstete, war, dass die IT-Spezialisten auf Systempartner-Seite nicht verstanden, wie die DATEV mit NSM und den damaligen technischen Mitteln auf den Client-Server-Netzwerken vernünftige Fernwartung realisieren wollte.
Die Systempartner behielten im Nachhinein Recht und das NSM-Konzept entpuppte sich schnell als großer Flop, denn die DATEV schaffte es bis zum Schluss nicht, die Updates per Fernwartung auf diesen Client-Server-Netzen zu realisieren. Trotzdem sorgte das für Unruhe und Verärgerung, da zum Beispiel der damalige Regionalleiter der DATEV die Systempartner zu sich zitierte und verlangte, dass jeder Systempartner einen Kunden für NSM opfern sollte, damit die Region die aus Nürnberg vorgegebene Verkaufsquote erfüllen könnte. SPECTRUM als großer Systempartner „opferte“ zwei Kanzleien und hatte wenige Monate später Probleme, den Kanzleichefs zu erklären, dass NSM totaler Schmarrn sei – aber was macht man nicht alles, um Partnerschaften zu retten.
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